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Bericht der Arbeitsgruppe "Würdevolles Sterben"

(eingesetzt von der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden unter dem Vorsitz Hamburgs)


75. Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder am 20./21.06.2002 in Düsseldorf

TOP: 7.1


Sterbebegleitung in Deutschland


Antrag: Hamburg,
Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz


Würdevolles Sterben -

Entwicklungsstand und Perspektiven bei der interdisziplinären Ausgestaltung,
Qualifizierung und Weiterentwicklung der Sterbebegleitung in Deutschland


Bericht an die 75.Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder, veröffentlicht vom Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin > Downloads - Deutschland
> Beschluss der 75. Gesundheitsministerkonferenz vom 20./21. Juni 2002 zum Tagesordnungspunkt "Sterbebegleitung"
http://www.dgpalliativmedizin.de/sn/gmk_2002_Sterbebegleitung.pdf
Beschluss der 75. Gesundheitsministerkonferenz und Bericht der Arbeitsgruppe Würdevolles Sterben

Gesundheitsministerkonferenz > Beschlüsse > der 75. GMK (2002)
http://www.gmkonline.de/index.php?&nav=beschluesse_75
> 7.1 Sterbebegleitung in Deutschland


Übersicht

A. Auftragslage >>>

B. Entwicklungsstand und Rahmenbedingungen der Sterbebegleitung in Deutschland >>>

C. Strafrechtliche Implikationen von Sterbebegleitung und Sterbehilfe im internationalen Rechtsvergleich >>>

C.1. Rechtslage in Deutschland >>>
C.2. Rechtslage in den Niederlanden
>>>

D. Qualitative Parameter bei Sterbebegleitung und schmerztherapeutischer Versorgung >>>

D.1. Berufsspezifische Anforderungen >>>
D.2. Patientenrechte (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht)
>>>
D.3. Strukturelle und versorgungsplanerische Aspekte
>>>
D.4. Berücksichtigung ethischer Aspekte
>>>
D .5. Weiterentwicklung der schmerztherapeutischen Versorgung
>>>

E. Leistungsrechtliche Anforderungen bei ambulanter Sterbebegleitung und schmerztherapeutischer Versorgung >>>

E.1. ärztliche Vergütung >>>
E.2. pflegerische Vergütung
>>>
E.3. finanzielle Förderung des ehrenamtlichen Engagements und der Angehörigenarbeit
>>>

Anhang 1: Übersicht zu palliativmedizinischen Kapazitäten in der Krankenhausplanung der Länder (nicht veröffentlicht)
Anhang 2: Stellungnahmen der "wesentlich Beteiligten" (nicht veröffentlicht)


A. Auftragslage

Die 74. GMK hat sich unter Hinweis auf die hohe ethische Verantwortung bei der Ausgestaltung qualifizierter Sterbebegleitung für eine Verbesserung der Schmerztherapie, für die Förderung der ambulanten Hospizarbeit durch die Krankenkassen, für die Intensivierung von Weiterentwicklungen bei Palliativmedizin und -pflege und für eine verstärkte Berücksichtigung dieser Aspekte in der ärztlichen und pflegerischen Aus-, Weiter- und Fortbildung ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund hat die GMK die AOLG gebeten, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die einen internationalen Vergleich der die Sterbebegleitung bzw. Sterbehilfe betreffende Rechtslage erstellt und hierzu die Auffassungen der wesentlich Beteiligten im Gesundheitswesen einholt. Das Ergebnis dieser Arbeit, die unter dem Vorsitz Hamburgs in einer länderoffenen Arbeitsgruppe unter Teilnahme von Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg- Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland erfolgte, wird nunmehr der 75. GMK vorgelegt.

Angesichts der von der 74.GMK in der Beschlussfassung zum Ausdruck gebrachten Akzentuierung qualitativer Parameter eines "Würdevollen Sterbens" und andererseits der etwa zeitgleich von der 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister der Länder eingesetzten Arbeitsgruppe, die zur dortigen Frühjahrskonferenz "unter Einbeziehung von Vorarbeiten der Länder eine Grundlage für die von ihnen beabsichtigte weitere rechtspolitische Diskussion" zu erarbeiten hat, begreift die AOLG-Arbeitsgruppe den ihr erteilten Auftrag nicht als Mandat für eine umfassende rechtsvergleichende Erhebung. Gegenstand dieses Berichts ist daher vielmehr die Bewertung der deutschen Rahmenbedingungen ambulanter und stationärer Sterbebegleitung vor dem Hintergrund der Entwicklungsstände anderer Länder, hier insbesondere europäischer Nachbarstaaten.


B. Entwicklungsstand
und Rahmenbedingungen der Sterbebegleitung in Deutschland

Sterbehilfe und Sterbebegleitung berühren soziale, ethische, rechtliche, religiöse und kulturelle Grundüberzeugungen zivilisierter Gesellschaften und führen daher national wie international zu höchst kontroversen Debatten, die von vielen Menschen als Tabubruch begriffen werden und oftmals tiefe Ängste auslösen.

Dabei ist die Hospizbewegung mittlerweile in so hohem Maße internationalisiert, dass der in London ansässige Hospiz-Informationsdienst gegenwärtig von Hospiz- und Palliativpflege- Initiativen in mittlerweile 93 Staaten weltweit mit einer geschätzten Anzahl von derzeit 6.880 Hospizen, Palliativstationen, ambulanten Palliativ- sowie spezialisierten Krankenhausdiensten ausgeht.

In Deutschland ist weitgehend unstrittig, dass die herkömmliche Betreuung, Versorgung und Begleitung Sterbender und ihrer Angehöriger durch die ambulanten und stationären Regelversorgungssysteme insoweit Defizite aufweisen, als

o    die überwiegende Zahl alter, schwerstkranker und sozial isolierter Menschen in Deutschland in Krankenhäusern und Heimen (in städtischen Regionen sind dies bis zu 90 % aller Sterbefälle) unter vielfach wenig humanen Bedingungen stirbt, oft allein gelassen und ohne ausreichende persönliche Begleitung in den letzten Stunden;

o    noch zu oft eine hinreichende gezielte Schmerztherapie nicht durchgeführt wird und damit ein schmerzfreier Sterbeprozess verhindert wird;

o    viele Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte noch zu wenig um die speziellen Bedürfnisse Sterbender und die Möglichkeiten qualifizierter Sterbebegleitung wissen;

o    Angehörige, die den Sterbenden den Tod zu Hause ermöglichen wollen, wenig Unterstützung erfahren und daher häufig überfordert sind;

o    ambulante Dienste und Sozialstationen in der Regel weder hinsichtlich ihrer Zeitdeputate noch hinsichtlich der Qualifikation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine qualitative Mindeststandards genügende Sterbebegleitung eingestellt sind.

Diese in der Praxis vorherrschenden Rahmenbedingungen veranlassen die Befürworter einer Verbesserung und Humanisierung der Sterbebegleitung schon seit längerem dazu, Strukturen zu fordern,

o    bei denen die Bedürfnisse der Sterbenden im Mittelpunkt stehen;

o    die das Sterben in der räumlich und sozialvertrauten Umgebung der eigenen Wohnung mit Unterstützung durch ambulante Sterbebegleitung ermöglichen;

o    die stationäre Formen der Sterbebegleitung für diejenigen bereithalten, die ambulant nicht betreut werden können;

o    in denen Pflegekräfte, Sozialfachkräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger interdisziplinär zusammenarbeiten;

o    in denen Schmerztherapie zum integralen Bestandteil der Betreuung wird und somit die Bedingungen für einen möglichst schmerzfreien und bewussten Sterbeprozess gegeben sind;

o    in denen Angehörige, Freunde, Nachbarn sowie hierzu qualifizierte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer einbezogen sind und ihnen dafür Hilfe und Unterstützung gewährt wird.

In der deutschen Öffentlichkeit überwiegt nach wie vor die Ablehnung jedweder Form aktiver Sterbehilfe. Die Standesvertretungen im Bereich der Heil- und Pflegeberufe halten es angesichts des rapiden medizinischen Fortschritts, durch den der Sterbeprozess und der Todeszeitpunkt in weiten Grenzen medizinischen Beeinflussungen unterliegen, für unabdingbar, beständig öffentlich in Erinnerung zu rufen, dass die Unverfügbarkeit menschlichen Lebens oberste Maxime sei und daher eine Evaluierung oder gar Klassifizierung von Lebensqualität und Lebenswert grundsätzlich abzulehnen sei. Der 104. Deutsche Ärztetag 2001 in Ludwigshafen hat dies in einer Reihe von Beschlüssen zur Tötung auf Verlangen, zur aktiven Sterbehilfe und zur Stärkung von Palliativmedizin und Hospizarbeit bekräftigt und seine Haltung wie folgt pointiert :"Bereits die Möglichkeit zur Tötung auf Verlangen erzeugt Druck auf Kranke, sie auch fordern zu müssen. Sich töten zu lassen, wird gesellschaftlich anerkannt und sogar gutgeheißen. Wer trotz seiner Krankheit weiterleben will, muss dies plötzlich besonders begründen. Der Wunsch getötet zu werden, ist ansteckend." (zitiert aus: "Entschließungen des 104. Deutschen Ärztetages, Kapitel II, Medizin-ethische Fragen", S. 10)

Nachdem vom Vorstand der Bundesärztekammer im April 1997 ein "Richtlinienentwurf zur ärztlichen Sterbebegleitung und den Grenzen zumutbarer Behandlung" zur Diskussion freigegeben worden war und sich hierüber eine lebhafte öffentliche Debatte entwickelt hatte, hat der Vorstand der Bundesärztekammer am 11.09.1998 Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung (Dt. Ärztebl. 95, Heft 39, S. 2366 f.) und sodann "Handreichungen für Ärzte" (Dt. Ärztebl. 98, Heft 39, S. 2365 f.) beschlossen, die als Wegweiser für ärztliches Handeln zu verstehen sind. Mittlerweile gibt es in Deutschland zwar eine Vielzahl von Empfehlungen und grundsätzlichen Aussagen der Berufsverbände mit handlungsleitendem Charakter. Ein in sich geschlossenes und aufeinander abgestimmtes Konzept der medizinischen und pflegerischen Selbstverwaltungsorgane zur ambulanten und stationären Sterbebegleitung fehlt indes immer noch.

Die für das Gesundheitswesen zuständigen staatlichen Fach- und Aufsichtsbehörden wissen um diesen insoweit unbefriedigenden Status Quo der Sterbebegleitung in Deutschland. Unter dem Aspekt einer integrierten Versorgungsplanung gibt es aber bislang keine koordinierte Planung spezifischer Einrichtungen im Sinne einer staatlichen Hospizplanung analog der Krankenhausbedarfsplanung.

Eine anlässlich des GMK-Auftrages vom Berichterstatter durchgeführte aktuelle Länderumfrage zur palliativ-medizinischen Versorgung macht jedoch immerhin deutlich, dass in der ganz überwiegenden Zahl der 16 Länder (Ausnahmen lediglich: Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) die palliativ-medizinischen Kapazitäten im Krankenhausplan des betreffenden Landes explizit ausgewiesen sind (vgl. zu den Einzelheiten: Anhang 1 dieses Berichts).

Die konkreten Angaben zu den stationären Kapazitäten in Hospizen und Palliativstationen differieren je nach Bezugsquelle. So geht die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (zitiert nach: Ärzte-Zeitung vom 07.02.02) offenbar davon aus, dass bundesweit derzeit eine Kapazität von etwa 1400 Betten in 89 Palliativstationen und 70 stationären Hospizen verfügbar sei. Demgegenüber legt die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz ihrer in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme und beigefügter Übersicht zur Situation in den 16 Bundesländern eine Kapazität von 75 stationären Palliativeinrichtungen und 96 stationären Hospizen zugrunde. Nach Angaben der Bundesärztekammer in ihrer in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme verfügte Deutschland im Frühjahr/Sommer 2000 über 6,4 Palliativbetten und 8,5 Hospizbetten je einer Million Einwohner.

Ungeachtet dieser (offenbar durch Erhebungsmethoden oder definitorische Unterschiede erklärbaren) Divergenzen können die genannten Werte für eine vergleichende Betrachtung herangezogen werden.

Bei etwa 82 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern erreichen diese Werte nicht annähernd die Größenordnung der palliativmedizinischen Versorgung etwa Großbritanniens, als dem "Mutterland" der Palliativmedizin, wo bei einer Gesamtbevölkerungszahl von ca. 58 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern immerhin mehr als 3200 Palliativbetten in gegenwärtig 228 unterschiedlich gearteten Einrichtungen vorgehalten werden.

Auch der fachpolitische Stellenwert, den das Thema Sterbebegleitung in den europäischen Staaten genießt, ist eher uneinheitlich. Indiz hierfür ist nicht zuletzt der Umstand, dass sich in Deutschland mit palliativmedizinischen und -pflegerischen Fragestellungen zwar eine Vielzahl von Fachgesellschaften sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz und eine beinahe flächendeckende Anzahl entsprechender Landesarbeitsgemeinschaften befassen, es sich hierbei jedoch ausschließlich um nichtstaatliche Einrichtungen (NGO’s) handelt.

Demgegenüber haben andere europäische Länder Strukturen aufgebaut, die unter unmittelbarer staatlicher Mitwirkung und direkter Einbindung der betreffenden Fachbehörden agieren. So hat etwa der in Großbritannien seit Jahren etablierte und im September 2000 reformierte Nationale Rat für Palliativpflege und Hospize ("National Council for Hospice and Specialist Palliative Care Services") nicht nur eine landesweite Netzwerkfunktion, sondern nimmt unmittelbar Einfluss auf die Ausgestaltung des Nationalen Krebsbekämpfungsplans, die Etablierung von landesweiten Standards für klinische Richtlinien ("Guidelines") und Qualitätsprofile der Hospizarbeit und Palliativstationen sowie die Erarbeitung eines Entwurfs für das Nationale Initiativprogramm zur Palliativpflege ("Draft National Plan and Strategic Framework for Palliative Care: 2000-2005").

Auch in Italien hat ein unter Regierungsbeteiligung eingesetzter Nationalrat (für Bioethik), das "Comitato Nazionale per la Bioetica" (CNB) die Aufgabe, Richtlinien zur Sterbebegleitung mit dem politischen Ziel einer landesweiten Entwicklung und Intensivierung palliativer Behandlungen zu formulieren und deren flächendeckende Umsetzung zu begleiten.

In Österreich hat das zuständige "Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen" im "Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan ÖKAP/GGP 2001" für die palliativ-medizinische Versorgung im Krankenhausbereich neben allgemeinen Definitionen auch Planungsmethoden und Strukturqualitätskriterien benannt, die zwischenzeitlich konkretisiert worden sind.

In der Schweiz ist die Bewertung von qualitativen und ethisch relevanten Fragestellungen zur Sterbebegleitung einer im Juni 2001 neugebildeten "Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK)" übertragen worden.

Vergleichbare Strukturen in Deutschland fehlen. Die Bundesregierung lässt im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes durch das Robert-Koch-Institut aktuelles Material zur Sterbebegleitung in Deutschland aufbereiten und veröffentlichen. Eine koordinierte Steuerung der vielfältigen landesweiten wie regionalen Handlungsansätze wird hiermit aber nicht verfolgt.

Das Inkrafttreten des niederländischen Gesetzes zur Überprüfung bei Lebensbeendigung auf Verlangen und bei der Hilfe bei der Selbsttötung zum 01.04.2002 hat nicht nur die internationale Diskussion über medizinrechtliche und medizinethische Fragen in Zusammenhang mit Sterbehilfe und Sterbebegleitung neu entfacht, sondern auch in Deutschland den Fokus auf die bestehende Versorgungslage in der ambulanten und stationären Betreuung sterbender Menschen gelenkt.


C. Strafrechtliche
Implikationen von Sterbebegleitung und Sterbehilfe im internationalen Rechtsvergleich

Bei der Entscheidung des niederländischen Gesetzgebers handelt es sich um eine weitreichende flächendeckende Legalisierung der aktiven ärztlichen Sterbehilfe, die zuvor nur regional und mitunter zeitlich befristet im australischen Northern Territory (1995-1998) möglich war.

In Oregon ist Beihilfe zum Suizid erlaubt, d.h. Mediziner dürfen bei entsprechenden Kriterien Medikamente verschreiben, mittels derer sich schwerstkranke Menschen selbst töten können. Der amerikanische Justizminister wollte dieses Gesetz verhindern; ein Gericht in Portland hat jedoch entschieden, dass der Bundesstaat kein Landesgesetz verändern kann (Länderhoheit).

Seit Mai 2002 hat auch Belgien eine gesetzliche Regelung zur aktiven ärztlichen Sterbehilfe, die in ihren Konsequenzen über die Legalisierung in den Niederlanden noch hinausreicht. Die Ausweitung bezieht sich auf die Zielgruppe, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen will. Hier ist es erstmals möglich, dass auch Menschen mit psychischen Erkrankungen (ausgenommen geistig Behinderte und/oder Demente) sowie Patienten, für deren Erkrankung zwar keine Besserung zu erwarten ist, die sich aber (noch) nicht in einem terminalen Stadium befinden, um Sterbehilfe ersuchen können und dieser stattgegeben wird.

Auch in der Schweiz sind derartige Regelungen regional in Kraft gesetzt worden, etwa vom Gesundheitsdepartement des Kantons Zürich, wo im Oktober 2001 das bis dahin geltende Verbot der Beihilfe zum Selbsttötung für Kranken- und Altenheime aufgehoben wurde, sofern der sterbewillige Heimbewohner noch über die volle Urteilsfähigkeit verfügt. Die praktische Bedeutung der Regelung wird jedoch dadurch relativiert, dass für Zürcher Stadtspitäler das frühere Verbot weiter fortgilt.

Während im deutschen Strafrecht ein striktes Akzessorietätsprinzip gilt, wonach die Beihilfe zur Selbsttötung hierzulande straflos ist, weil die betreffende Bezugshandlung, der Suizid, nicht strafrechtlich sanktioniert wird, haben etliche Länder neben aktiver Sterbehilfe gleichermaßen auch aktive Teilnahme am Suizid strafrechtlich sanktioniert, ohne dass hierbei formell Ausnahmen für Sterbehilfe-Konstellationen gemacht würden (vgl. Schweiz Art. 115 StGB; Frankreich Art. 223-13ff. C.P.; Spanien Art. 143 1 C.P. und bis vor kurzem auch Niederlande Art. 294 StGB).

Die in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt sowohl höchstrichterlich als auch obergerichtlich ergangene Rechtsprechung hat die vom Bundesgesetzgeber zugrunde gelegte Rechtsgüterabwägung im Wesentlichen bestätigt. Demgegenüber haben Gerichte in europäischen Ländern (etwa in Dänemark und Großbritannien) und auch im außereuropäischen Raum (z.B. in Japan) geltende inländische Strafrechtsbestimmungen dahingehend ausgelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die vom Arzt geleistete aktive Sterbehilfe ausdrücklich als strafbefreiender Tatbestand gewertet wurde.

Auch die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Rahmen eines Vorlagebeschlusses getroffene Entscheidung, aktive Sterbehilfe selbst in engen Grenzen nicht zuzulassen, wird in den EU-Mitgliedsstaaten die Diskussionen über die jeweils vertretenen Rechtsauffassungen neu beleben.

Mit ihrer Klage auf aktive Sterbehilfe war eine 43-jährige Britin am 29.04.2002 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen worden. Die unheilbar kranke Patientin hatte erreichen wollen, dass ihr Mann im Fall der aktiven Sterbehilfe nicht bestraft werden würde. Das Oberste Gericht Großbritanniens hatte zuvor entschieden, dass sich ihr Mann im Falle der aktiven Sterbehilfe strafbar machen würde. Damit seien keine Rechte der Patientin verletzt worden, entschied der Europäische Gerichtshof in letzter Instanz.

C.1. Rechtslage in Deutschland

Die strafrechtliche Situation in Deutschland ist durch das strafbewehrte Verbot der Tötung auf Verlangen in § 216 StGB einerseits und das grundrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht des Patienten andererseits geprägt. Danach ist jede lebenserhaltende oder lebensverlängernde ärztliche Maßnahme unzulässig, sobald sie nicht mehr von dem erklärten Willen des Patienten gedeckt ist. Eine Strafbarkeit des Arztes nach § 216 StGB ist somit nicht gegeben, wenn der Patient auf eine medizinisch-technische Intervention verzichtet und hierdurch seiner Erkrankung ihren natürlichen, zum Tode führenden Verlauf lassen will (vgl. BGHSt 37, 376).

Demgegenüber können sich Ärzte, die ihren Patienten pflichtwidrig eine effektive Schmerztherapie vorenthalten, wegen Körperverletzung strafbar machen. Hiervon ausgehend hat der Bundesgerichtshof im Jahre 1996 entschieden, dass eine ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Patienten nicht dadurch unzulässig wird, dass sie als unbeabsichtigte, aber in Kauf genommene Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann (BGHSt 42, 301). Im Gegensatz zu der gezielten Tötung durch aktive ärztliche Sterbehilfe handelt es sich hier um eine rechtlich zulässige "indirekte" Sterbehilfe.

Die ärztliche Beeinflussung des Todeszeitpunktes bei Sterbenden betrifft auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei irreversibel bewußtlosen Patienten mit schweren Dauerschäden, den sog. Wachkoma-Patienten, die lebenserhaltende Behandlung eingestellt, z.B. die kalorienzuführende Sondenernährung durch eine bloße Flüssigkeitszufuhr mit sicherer Todesfolge ersetzt werden darf, wenn der eigentliche Sterbeprozess noch nicht begonnen hat. Die Rechtsprechung geht für diese Fälle übereinstimmend davon aus, dass bei einem Wachkoma-Patienten, der bei Fortführung der medizinischen Maßnahmen noch längere Zeit am Leben erhalten werden könnte, der Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen zulässig ist, wenn der Patient vor Verlust seiner Entscheidungsfähigkeit einen dahingehenden Willen unmißverständlich, z.B. in einer sog. Patientenverfügung, geäußert hatte und sein Betreuer (oder sein Bevollmächtigter) in der aktuellen Situation, in der der Patient sich nicht mehr äußern kann, dessen Wunsch Geltung verschaffen will (vgl. BGHSt 40, 257; OLG Frankfurt a.M., NJW 1998, 2747). Ein solch präfinaler Behandlungsabbruch bedarf grundsätzlich der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Dies wird aber angesichts mancher Rechtsprechungsdivergenzen nicht durchgängig von deutschen Gerichten als Erfordernis gewertet und ist vom Bundesgesetzgeber, so etwa zuletzt bei der Betreuungsrechtsnovelle im Jahre 1999 bislang nicht einer einheitlichen Regelung zugeführt worden.

Die deutsche Rechtslage beim präfinalen Behandlungsabbruch entspricht gleichwohl in ihren wesentlichen Zügen denjenigen Regelungen anderer europäischer Staaten. So wird etwa in der portugiesischen Rechtsordnung die Straffreiheit passiver Sterbehilfe vertreten, die sowohl in der Weigerung des Arztes bestehen kann, bei Patienten im Endstadium lebenserhaltende oder - verlängernde Maßnahmen zu ergreifen, als auch die ärztliche Entscheidung betrifft, lebenserhaltende Maßnahmen vor Eintritt des Hirntodes zu beenden.

C.2. Rechtslage in den Niederlanden

In den Niederlanden ist die Lebensbeendigung auf Verlangen zwar strafbar, führte aber seit längerem bereits nicht zur Strafverfolgung, sofern bestimmten Sorgfaltsanforderungen entsprochen wurde. Diese Rechtslage ging zurück auf eine Entscheidung des Obersten Niederländischen Gerichtshofes aus dem Jahre 1984, wonach ein Arzt unter bestimmten außergewöhnlichen Umständen Sterbehilfe leisten dürfe. Daraufhin führte der Gesetzgeber ein Meldeverfahren ein, welches dem betreffenden Arzt im Strafgesetzbuch Straffreiheit für den Fall zusichert, dass er

o    sein Handeln dem Leichenschauer der Gemeinde gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über die Leichenbestattung meldet und,

o    die in einem gesonderten Gesetz, dem "Gesetz über die Überprüfung von Lebensbeendigung auf Verlangen des Patienten und Hilfe bei Selbsttötung", definierten Sorgfaltsanforderungen erfüllt.

Nach den dort normierten Sorgfaltsanforderungen muss der Arzt

        1. sich vergewissern, dass ein freiverantwortliches und wohlüberlegtes Verlangen des Patienten vorliegt;
        2. zu der Überzeugung gelangen, dass es sich um ein aussichtsloses und unerträgliches Leiden handelt;
        3. den Patienten über seine Situation und seine Aussichten informieren;
        4. dem Patienten die Überzeugung mitteilen, dass es für diesen in seiner Situation keine andere angemessene Lösung gibt;
        5. mindestens einen weiteren unabhängigen Arzt hinzuziehen, der den Patienten untersucht und sein schriftliches Urteil über die in den Punkten a bis d bezeichneten Sorgfaltskriterien abgegeben hat;
        6. die Lebensbeendigung medizinisch sorgfältig ausführen.

Eine besondere Rolle kommt den mit Juristen, Mediziner und Ethiker besetzten regionalen Prüfungsausschüssen zu, die zu beurteilen haben, ob im konkreten Fall einer Lebensbeendigung auf Wunsch oder einer ärztlichen betreuten Selbsttötung die betreffenden Sorgfaltsanforderungen beachtet worden sind. Gelangt der Ausschuss zu der Überzeugung, dass der Arzt seine Sorgfaltspflicht beachtet hat, so gilt der Fall als abgeschlossen, eine Befassung der Staatsanwaltschaft ist nicht mehr vorgesehen. Nur im Falle eines negativen Urteils besteht eine Vorlagepflicht bei der Staatsanwaltschaft.

Der niederländische Ansatz findet in der rechtspolitischen Diskussion in Deutschland gegenwärtig nur wenig Akzeptanz. Selbst wenn aktive Sterbehilfe zunächst nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt wäre, so besteht hierzulande unvermindert die Besorgnis, dass von derartigen Regelungen eine signifikante Veränderung des Wertesystems ausgeht und eine schleichende Erosion des Grundrechts auf Leben bewirkt werden würde.

Zugleich wird die Befürchtung geäußert, solche Regelungen leisteten einer Entwicklung Vorschub, durch die sich die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Kranken, Alten, Behinderten und Sterbenden nachhaltig ändern würde.

Neben solch grundsätzlichen Erwägungen begegnet der niederländische Ansatz auch nicht unbeträchtlicher Detailkritik. So wird etwa die in den Niederlanden vorgesehene Einbeziehung der nationalen Prüfungsausschüsse in das Verfahren erst nach Vornahme der todbringenden Handlung als nicht hinreichend für das Erfordernis einer umfassenden Transparenz der Sterbehilfeentscheidung erachtet.


D. Qualitative
Parameter bei Sterbebegleitung und schmerztherapeutischer Versorgung

D.1. Berufsspezifische Anforderungen

Die berufliche Qualifikation aller in professionelle Sterbebegleitung einbezogenen Akteure ist ein wesentlicher Maßstab für die Strukturqualität der erbrachten Leistungen. Angesichts der demografischen Entwicklung und eines veränderten Krankheitsgeschehens mit einer nachweislichen Zunahme chronifizierter und multimorbider Verläufe wird allgemein ein deutlich gestiegener Bedarf hinsichtlich der Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Bereichen Palliativmedizin, Palliativpflege und Schmerztherapie gesehen. Diese Sichtweise wird in den - in Anhang 2 wiedergegebenen - externen Stellungnahmen ausdrücklich bestätigt.

Auf Ebene der beruflichen Qualifikationen bestehen gleichermaßen hohe Anforderungen in der Medizin wie auch in der Pflege (z.B. Schmerztherapie, Palliativmedizin und –pflege, Umgang mit Sterbenden und deren Angehörigen). Dabei liegt den Überlegungen zur weiteren Qualifizierung der Berufsgruppen die grundsätzliche Erwägung zugrunde, dass nur durch Förderung von Multiprofessionalität und Interdisziplinarität und durch das wechselseitige Einbeziehen von Ausbildungsinhalten in entsprechend angelegte themenspezifische Fort- und Weiterbildungen den praktischen Bedarfen angemessen Rechnung getragen werden kann.

Die berufs- und ausbildungsrechtliche Situation der Heil- und Pflegeberufe in Deutschland ist indes davon gekennzeichnet, dass die unmittelbaren Regelungsbereiche überwiegend in die Zuständigkeit der Selbstverwaltung fallen und dem Staat lediglich die Gestaltung bestimmter normativer Rahmenbedingungen der Berufsausbildung obliegt.

Ziel der Weiterbildung ist - wie die Bundesärztekammer in ihrer aktuellen Stellungnahme (Anhang 2) nochmals bekräftigt - der geregelte Erwerb eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten für definierte ärztliche Tätigkeiten nach Abschluss der Berufsausbildung.

Zwar ist die vom Deutschen Ärztetag im Jahr 1996 eingeführte Bereichsbezeichnung "Schmerztherapie", die gebietsübergreifend definiert ist und somit von unterschiedlichen Fachrichtungen geführt werden kann, mittlerweile in der Praxis etabliert. Gleichwohl hat sie in die aus- und weiterbildungsrechtlichen Regelwerke bislang kaum Eingang gefunden, so dass sie erst mit der im kommenden Jahr bevorstehenden Novelle der (Muster-) Weiterbildungsordnung nochmals ausdrücklich kodifiziert werden soll.

Demgegenüber ist die Palliativmedizin noch weiter unterrepräsentiert: eine reguläre Weiterbildung in Palliativmedizin existiert in Deutschland nicht. Die Bundesärztekammer (vgl. die dortige Stellungnahme, Seite 2) gibt an, dass auch wissenschaftliche Erhebungen, die die Voraussetzung einer strukturierten Qualitätssicherung und damit Grundlage einschlägiger Vorgaben zur Aus- und Weiterbildung darstellen würde, in Deutschland bislang "nahezu nicht" stattfänden. Die bisherige Nichtberücksichtigung der Palliativmedizin in der (Muster-) Weiterbildungsordnung wird mit dem Hinweis auf entsprechend notwendige längere zeitliche Vorläufe und die in 2003 bevorstehende Novellierung der Weiterbildungsordnung begründet.

Ob erst mit der Aufnahme der Palliativmedizin als eigenständiger Bereich in die Weiterbildungsordnung eine qualitative Verbesserung der diesbezüglichen Situation in Deutschland bewirkt werden kann oder ob dies – wie von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin in der dortigen Stellungnahme (Anhang 2) angeregt - nicht auch parallel schon durch Anpassung der Musterweiterbildungsordnungen derjenigen Fachdisziplinen, die moribunde Patienten in der Praxis betreuen, erreicht werden könnte, kann mangels empirischer Überprüfbarkeit dahinstehen. Gleichwohl dürfte allgemein unstrittig sein, dass – wie von der Deutschen Krebsgesellschaft in ihrer in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme formuliert - die Verankerung eines interdisziplinären Ansatzes von Palliativmedizin und -pflege in die Weiterbildungsordnungen der verschiedenen mit onkologischen Patienten befassten Fachgebiete den Ansprüchen der Patienten entgegen kommen würde.

Bestandsaufnahme und Bedarfsprognosen im Bereich der Weiterbildung korrespondieren mit dem Status Quo in der ärztlichen Ausbildung, wo der Bereich Palliativmedizin im Rahmen der aktuellen Novellierung der ärztlichen Approbationsordnung abermals nicht berücksichtigt worden ist und dementsprechend der Stellenwert in der universitären Ausbildung weiterhin äußerst gering bleibt. Indizielle Wirkung hat insoweit auch der Umstand, dass gegenwärtig lediglich ein einziger Lehrstuhl für Palliativmedizin eingerichtet ist.

Um speziellen Erfordernissen in der ärztlichen und pflegerischen Betreuung onkologischer Patienten besser Rechnung tragen zu können, wurde bereits 1996 der Arbeitskreis Supportive Onkologie (ASO) unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft gegründet. Der Anteil Krebskranker, die von den Berufsgruppen der Pflegenden und der Ärzte versorgt werden müssen, steigt kontinuierlich, ohne dass dies in Deutschland bislang eine Entsprechung in den beruflichen Qualifizierungen fände. Während in den fachmedizinischen Feldern Chirurgie, Anästhesie und Intensivmedizin seit vielen Jahren eigene Weiterbildungsrichtlinien etabliert sind, besteht für die Pflege in der Onkologie keine bundesweit einheitliche Qualifizierung. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat bereits 1999 eine Weiterbildungsempfehlung zur Pflege in der Onkologie in Kraft gesetzt. Lediglich in Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein existieren eigene landesrechtliche Weiterbildungsordnungen.

Generell besteht im Bereich der Krankenpflegeausbildung seit Mitte der neunziger Jahre das Angebot einer Zusatzqualifikation "Palliative Care" mit eigenem Curriculum.

Fortbildungsmöglichkeiten in palliativmedizinischen und -pflegerischen Zusammenhängen bestehen in Deutschland insbesondere an den spezialisierten Akademien für Palliativmedizin in Bonn, Köln und München. Hierzu merkt der Deutsche Pflegerat in seiner in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme kritisch an, dass der Lehrgang "Palliative Care" angesichts seiner Stundenzahl von 160 Stunden nicht als "Aufstiegs-Weiterbildung" im tarifrechtlichen Sinne anerkannt werde und daher zu fordern sei, dass eine Gleichstellung mit den Fachweiterbildungen Anästhesie / Intensivpflege vorgenommen werde.

Eine weitergehende Etablierung des Themas Sterben und des Umgangs mit Sterbenden durch Alten- und Krankenpflegepersonal wäre dann zu erwarten, wenn dies als fester Bestandteil der theoretischen und praktischen Ausbildung im Rahmen der anstehenden Novellierung des Krankenpflegegesetzes berücksichtigt würde.

Der von der Vereinigung der englischen Hospize und der Beschäftigten in der Palliativmedizin für Großbritannien entwickelte Nationale Programmentwurf ("Draft National Plan for Palliative Care") beinhaltet eine Vielzahl von Empfehlungen für eine Vereinheitlichung von Methodik und Umfang der Qualifizierung in den Medizin- und Pflegeberufen.

Ähnlich wie in Deutschland verfügt Großbritannien über eine Fülle von Fortbildungsangeboten zur Sterbebegleitung insbesondere im pflegerischen Bereich. Gleichwohl wird von offizieller Seite moniert, dass deren Abschluss aufgrund der unterschiedlichen Fortbildungsinstitutionen keinen gemeinsamen akademischen Marktwert und keine Übertragbarkeit ("diplomas and degree courses ... with little or no common academic ‚currency‘ or ‚transferability‘") aufweise.

In den Niederlanden wird die gesamte Aus- und Weiterbildung im Bereich der Palliativen Medizin von der niederländischen Ärztekammer, der Koninklijke Nederlandse Maatschappij tot bevor-dering der Geneeskunst (KNMG), koordiniert. Die KNMG unterstützt zudem auch ein Projekt zur Beratung von Hausärzten bei aktiver Sterbehilfe durch Kollegen (Project Steun en Consultatie bij Euthanasie in Nederland – SCEN), das in Kooperation mit den Hausarztvereinigungen regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen durchführt. Die KNMG ist auch zuständig für die Facharztweiterbildung. In die Liste der Facharztbezeichnungen wurde zwar bislang Palliativmedizin nicht aufgenommen. Unter der Facharztbezeichnung Pflegeheimmedizin (verpleeg-huisgeneeskunde) wird jedoch Sterbebegleitung (terminale zorg) als Teil der Ausbildung genannt. Darüber hinaus organisiert die Universität Amsterdam einen eineinhalbjährigen Fortbildungskurs zur palliativen Versorgung (palliatieve zorg).

In der Schweiz sind Richtlinien durch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) erlassen worden, durch die bereits 1995 medizinisch-ethische Fragen bei der Betreuung sterbender und zerebral schwerst geschädigter Patienten, sodann auch medizinischethische Grenzfragen der Intensivmedizin (1999) sowie zuvor bereits Empfehlungen bezüglich der "Stellung, Lebensweise und Pflege des älteren Menschen im Heim" (1988) auf eine einheitliche Diskussionsgrundlage gestellt worden sind. Diese Vorgaben verstehen sich jedoch eher als Beitrag zur Qualitätssicherung denn als verbindliche normative Vorgaben zur beruflichen Qualifizierung.

D.2. Patientenrechte (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht)

Es entspricht internationalem rechtlichen Standard, dass ärztliche Maßnahmen stets der Einwilligung des Patienten bedürfen. Dies gilt insbesondere auch bei ärztlichen Entscheidungen am Lebensende.

In den von der Bundesärztekammer am 11.09.1998 (Dt. ÄrzteBl. v. 25.09.1998, S.2367) verabschiedeten "Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung" sind die Rechte des sterbenden Patienten, insbesondere dessen Selbstbestimmungsrecht, ausdrücklich betont worden. Wörtlich heißt es dort unter anderem, dass "die Unterrichtung des Sterbenden über seinen Zustand und mögliche Maßnahmen ... wahrheitsgemäß sein" müsse, "...sich aber an der Situation des Sterbenden orientieren und vorhandenen Ängsten Rechnung tragen" solle. Zugleich sind hierin erstmals ausdrücklich Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen als "wesentliche Hilfe für das Handeln des Arztes" anerkannt worden.

Die Patientenverfügung bietet dem Kranken die Möglichkeit, individuell festzulegen, dass bei bestimmten präfinalen Krankheitszuständen keine Maßnahmen zur Lebensverlängerung gewünscht werden. Bei Verlust der Entscheidungsfähigkeit kann so das Selbstbestimmungsrecht des Sterbenden gewahrt werden.

Häufig erfolgt darüber hinaus eine Verknüpfung mit einer Vorsorgevollmacht, mit der eine oder mehrere Personen des Vertauens benannt werden, die im Bedarfsfall die Angelegenheiten des Patienten gemäß der persönlichen Wünsche und Bedürfnisse regeln sollen. Diese schriftlichen Fixierungen sollen die Sicherheit – sowohl der Patienten bei Umsetzung des persönlichen Willens, als auch der Ärzte bei Annahme rechtlicher Konsequenzen – erhöhen.

Die Erfahrungen mit Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten sind in der Praxis sehr unterschiedlich. Zur aktuellen Bewertung dieser Instrumente wird auf die externen Stellungnahmen in Anhang 2 verwiesen. Neben der Charakterisierung des Meinungsstandes als durchgängig kontrovers, so etwa die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz unter Hinweis auf eine dort am 23.02.2002 durchgeführte Fachtagung, wird in diesen Stellungnahmen u.a. auch die praktische Bedeutung und Verbreitung von Patientenverfügungen im Behandlungsalltag stark relativiert, so ausdrücklich die Deutsche Krebsgesellschaft.

Die von der 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister eingesetzte Arbeitsgruppe hat unter anderem zur Aufgabe, ein ländereinheitliches Muster für eine Patientenverfügung zu entwickeln und diesbezügliche Rechtsfragen zu vertiefen. Um den dortigen Beratungen nicht vorzugreifen, ist an dieser Stelle von der Diskussion und Darstellung weitergehender Einzelheiten abzusehen.

D.3. Strukturelle und versorgungsplanerische Aspekte

Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Palliativbehandlung und -pflege sämtliche ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen an Patienten, deren Erkrankung auf kurative Ansätze nicht (mehr) anspricht. Demnach sei die Kontrolle von Schmerzen, von anderen Symptomen sowie von psychischen, sozialen und geistig-mentalen Problemen oberstes Gebot. Diese allgemeingültige Definition weist bereits auf den integrierten Behandlungsansatz, der multiprofessionelles Handeln und eine hohes Maß an interdisziplinärer Koordinierung erfordert, hin.

In Deutschland sind Palliativstationen Einrichtungen von Krankenhäusern gemäß § 39 SGB V. Sie haben die Aufgabe, für sterbende Menschen die notwendige Krankenhausbehandlung mit dem Ziel zu erbringen, den Patienten wieder nach Hause zu entlassen. Wo dieses nicht möglich ist, kann das stationäre Hospiz eine Alternative sein.

Derzeit nicht absehbar sind die Auswirkungen der neuen Finanzierungssystematik (Fallpauschalengesetz/ DRG´s) für Krankenhausleistungen auf die palliativ-medizinische Versorgung. Der neue § 17 b KHG hat für die Palliativmedizin keine Ausnahme statuiert, so dass auch hier künftig eine DRG-basierte Vergütung erfolgen wird. Zu möglichen strukturellen Veränderungen infolge der Einführung von diagnose-bezogenen Fallpauschalen bei der Palliativmedizin, sind in Anhang 2 vereinzelt erste Stellungnahmen enthalten. Die konkrete Zuordnung von Fallpauschalen für die Behandlungsanlässe im palliativmedizinischen Bereich bleibt abzuwarten.

Da Hospize keiner gesetzlichen Bedarfsplanung unterliegen, gibt es erhebliche regionale Versorgungsunterschiede. Der deutsche Gesetzgeber ermöglicht gemäß § 39 a SGB V lediglich Rahmenvereinbarungen über die Versorgung in stationären Hospizen zwischen den Spitzenverbänden der Gesetzlichen Krankenversicherung und den Hospizverbänden, die aber keine flächendeckende Versorgung sicherstellen müssen.

Stationäre Hospize haben die Aufgabe, Sterbebegleitung immer dann zu erbringen, wenn alle ambulanten Ressourcen ausgeschöpft sind. Eine Vollfinanzierung durch die Gesetzliche Krankenversicherung oder durch öffentliche Haushalte gibt es derzeit nicht, so dass wesentliche Teile der Finanzierung über Leistungen der Pflegeversicherung nach SBG XI, Eigenanteile des Hospizgastes (bei Bedürftigkeit aus Sozialhilfemitteln) und mindestens 10 % Spendenaufkommen des Hospizträgers zu realisieren sind.

In der Rahmenvereinbarung zu § 39 a Satz 4 SGB V sind stationäre Hospize definiert als eigenständige Einrichtungen mit dem Versorgungsauftrag, für Patienten mit unheilbaren Krankheiten in der letzten Lebensphase palliativ-medizinische Behandlung zu erbringen. Danach handelt es sich um kleine Einrichtungen mit familiärem Charakter und in der Regel höchstens 16 Plätzen, wobei die räumliche Gestaltung der Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse schwerkranker und sterbender Menschen auszurichten ist.

Vorgegeben ist danach außerdem eine besondere Ausstattung, die eine palliativ-medizinische, palliativ-pflegerische, soziale sowie geistig-seelische Versorgung gewährleistet und auf Grund ihres Versorgungsauftrages eine baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbständig wahrgenommene Tätigkeit mit separatem Personal und Konzept ermöglicht. Nach diesen Vorgaben ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass ein stationäres Hospiz Bestandteil einer stationären Pflegeeinrichtung ist. Die Notwendigkeit der stationären Hospizversorgung ist durch einen Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu bestätigen. Die Leistung ist zunächst auf 4 Wochen befristet.

Versorgungsplanerisch gibt es in Deutschland zum Bedarf keine verbindlichen Richtwerte für stationäre Hospizbetten. Der Bedarf an stationären Hospizen ist vielmehr abhängig vom Stand des Ausbaus der ambulanten Strukturen der Sterbebegleitung. Je umfassender Pflegedienste die Aufgabe übernehmen, auch palliativpflegerisch tätig zu werden, und je mehr Beteiligte aus dem nicht-professionellen Umfeld (Angehörige, Bekannte, Ehrenamtliche eines ambulanten Hospizdienstes) unterstützend einbezogen werden, desto geringer wird der Bedarf nach stationären Angeboten im Hospizbereich.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein gemeinsamer Bettenbedarf für Palliativ- und Hospizbetten bei etwa 50 stationären Betten pro 1 Million Einwohner liegt. Differenzierte Berechnungen finden sich in den in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahmen u.a. der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin oder der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz. Gleichwohl basieren diese Bedarfsschätzungen lediglich auf Hochrechnungen, denen die Mortalitätstatistik sowie allgemeine demografische Faktoren zugrundegelegt sind.

Auch zur Inanspruchnahme und Auslastung der vorhandenen stationären Kapazitäten liegen hierzulande erste Erhebungen vor. So wurden nach der ersten bundesweiten Hospizstatistik der Deutschen Hospizstiftung aus dem Jahr 1999 durch die ambulanten Hospizdienste jährlich 25.900 Sterbende begleitet, 4.600 Menschen starben in stationären Hospizen. Die durchschnittliche Betreuungsdauer betrug ambulant 59 Tage, die stationäre Verweildauer lag bei 38 Tagen.

Demgegenüber hat der Hospiz-Informations-Dienst an England’s dienstältestem Hospiz, dem St. Christopher’s Hospice, für die Jahre 1999 und 2000 eine Gesamterhebung englischer Palliativ- und Hospiz-Kapazitäten durchgeführt und hierbei eine durchschnittliche Verweildauer von 5 Monaten und eine durchschnittliche Bettenauslastung von 75 % nachgewiesen. Die Diagnosen in den englischen Einrichtungen lagen zu über 95 % bei Krebserkrankungen. Schlaganfall-, Multiple Sklerose- und AIDS-Patienten wurden danach nur in vergleichsweise geringem Umfang in diesen Einrichtungen betreut.

Während in Deutschland für die palliativmedizinischen Kapazitäten durch die jeweilige Landeskrankenhausplanung verbindliche Planungsvorgaben existieren und die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz mit den ihr angeschlossenen Landesarbeitsgemeinschaften Definitionen und Qualitätskriterien ambulanter Hospizarbeit (Stand: Mai 2001) entwickelt haben, sind in Österreich im Dezember 2001 als Anlage zum dortigen Krankenhausplan (ÖKAP/GGP) zusätzlich sogenannte "Strukturqualitätskriterien" u.a. für den Bereich der Palliativmedizin beschlossen worden.

Diese Kriterien beinhalten Vorgaben zur Personalausstattung und -qualifikation, zur technischen und räumlichen Ausstattung, zum Leistungsangebot und schließlich zur Größe der jeweiligen Einheiten.

Wenig diskutiert ist bislang die Wechselwirkung zwischen der Situation ambulanter Hospizdienste und den stationären Strukturen. Dabei sind intersektoral gerade für die stationären Bedarfe bestimmte Aspekte bedeutsam, die in verschiedenen ambulanten Modellprojekten zur besseren Betreuung Schwerstkranker und Sterbender zur Geltung kommen.

Der besondere Wert solcher für die Gesamtbetrachtung eher punktuellen Ansätze liegt zunächst in dem durch sie erzielten Erkenntnisgewinn: so konnte innerhalb dieser Modelle nachgewiesen werden, dass ein deutlich höherer Prozentsatz der betreuten Patienten bis zum Tod zuhause bleiben kann als dies unter den Bedingungen einer konventionellen Versorgung möglich ist. Sterben im allgemeinen etwa ca. 30 % der Tumorpatienten zuhause, so konnten in Modellprojekten wie "Home Care Berlin", "Palliativmedizinischer Konsiliardienst für Berliner Hausärzte" oder auch den BMG-geförderten Projekte SUPPORT in Niedersachsen und "Krebsschmerzinitiative Mecklenburg-Vorpommern" die Patienten in bis zu 60 % aller Fälle bis zum Tod zuhause verbleiben.

In der Regel resultierte diese Veränderung aus einer qualitativ deutlich verbesserten Versorgung durch Palliativmediziner und entsprechend geschultes Pflegepersonal. Die Kosten einer solchen palliativmedizinischen und -pflegerischen Versorgung im ambulanten Sektor lagen in der Regel deutlich unterhalb derjenigen Kosten, die durch ansonsten notwendige Krankenhaus-Aufenthalte am Lebensende erforderlich gewesen wären.

Zum anderen gelingt es im Rahmen solcher Modellprojekte, duale Finanzierungsmuster zu erproben, mit denen in verstärktem Maße auch die Träger der Gesetzlichen Krankenversicherung in zukunftsweisende Vorhaben eingebunden werden können.

So hat etwa in Rheinland Pfalz der Landesverband der AOK im Jahre 1998 mit der dortigen Landearbeitsgemeinschaft Hospiz einen Vertrag über die Förderung der ambulanten Hospizarbeit abgeschlossen. Die AOK hat sich hierin verpflichtet, 40 % der Personalkosten für eine Hospizschwester zu übernehmen, wenn das ambulante Hospiz über mindestens zwanzig fortgebildete ehrenamtliche Hospizhelferinnen und – helfer verfügt und die co-finanzierte Hospizschwester eine Fortbildung in Palliativpflege nachweisen kann. Durch diese Form der Palliative-Care-Beratung gelingt es offenbar in zahlreichen Fällen, eine Schmerzlinderung zu erreichen und damit den Patienten und ihren Angehörigen den Weg zu weitergehenden Angeboten der Sterbebegleitung zu ebnen.

D.4. Berücksichtigung ethischer Aspekte

Über Ländergrenzen hinweg gilt als allgemein anerkannt, dass ethisches Urteilen eine zentrale Voraussetzung guten ärztlichen Handelns ist. Daher sollte nicht nur die Einübung dieses Urteilens zu einer Grundkompetenz führen und in diesem Sinne eine zentrale Rolle in der ärztlichen Ausbildung erhalten, auch die interdisziplinäre Konstellation zwischen ärztlichem und pflegerischem Personal bedarf einer kontinuierlichen Unterstützung und Qualifizierung in der Reflektion ethischer Probleme und Abwägungen. In einem Thesenpapier der "Arbeitsgruppe Medizin und Ethik der Eidgenössischen Kommission für die Reform der Ausbildung der akademischen Medizinalberufe" für das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit aus dem Jahr 2001 ist formuliert, das Spezifische der medizinischen Ethik bestehe nicht in ihren Grundsätzen, sondern in ihren Problemfeldern.

Die Sterbebegleitung bildet in dieser Hinsicht ein herausragendes Problemfeld. In Deutschland sind die Bewertung und Bearbeitung von ethischen Fragestellungen, die in der Praxis der Sterbebegleitung, Palliativmedizin und Schmerztherapie bedeutsam sind, weder zentral koordiniert noch auf dezentraler Ebene institutionalisiert.

Gleichwohl ist der Beratungs- und Unterstützungsbedarf unbestritten, da sich in der Behandlungspraxis ethische Probleme in einer Vielzahl konkreter Sachverhalte ergeben, etwa bei der Beratung von Angehörigen im Zusammenhang mit der Entscheidung für oder gegen künstliche Ernährung oder künstliche Beatmung.

Auch die angesichts des medizinischen Fortschritts zunehmend bedeutsamere Frage, schon frühzeitig bestimmte medizinische Strategien nicht mehr zusätzlich zu verfolgen, also die bewusste Ablehnung therapeutischer oder auch diagnostischer Optionen ("Recht auf Nichtwissen"), weist unübersehbare ethische Implikationen auf.

Zwar werden ethische Fragestellungen in vielfältiger Weise in bestehenden Qualitätszirkeln und Fortbildungsmaßnahmen besprochen und reflektiert. Eine Institutionalisierung im Sinne eines bundesweiten Steuerungs- oder Beratungsinstrumentes für die Praxis existiert in Deutschland bislang aber nicht.

Auch ein zentrales Gremium zur Beratung der Politik in übergeordneten Fragestellungen, etwa analog dem zur Bewertung von biomedizinischen und bioethischen Fragestellungen vom Bundeskanzler eingesetzten Nationalen Ethik-Rat, fehlt im Bereich der Sterbebegleitung in Deutschland.

Die nach Landesrecht eingerichteten Ethik-Kommissionen weisen eine klare Schwerpunktsetzung in der Bewertung klinischer Arzneimittelprüfungen nach § 40 AMG auf, so dass deren Ausrichtung ganz überwiegend die ethische Bewertung von Studienkonzepten und hierauf bezogenen methodischen Fragestellungen umfasst. In Zusammenhang mit der Diskussion über eine qualifizierte Sterbebegleitung wird eine Ergänzung des Aufgabenspektrums dieser Institutionen daher nicht ernsthaft erwogen. Ein weiterer Aspekt, der gegen die Aggregierung der betreffenden Aspekte in den bestehenden Ethik-Kommissionen spricht, ist der Umstand, dass manche Fragestellungen kaum Aufschub dulden und Unterstützungssysteme für die Behandlungspraxis dementsprechend schnell und flexibel reagieren können müssen.

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin hält dementsprechend in ihrer in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme die Ethik-Kommissionen grundsätzlich für zu schwerfällig und befürwortet stattdessen einrichtungsbezogene Strukturen.

Auch die Deutsche Krebsgesellschaft betont den Nutzen von einrichtungsbezogenen Strukturen, etwa in Gestalt eines Ethik-Konsils, das sich aus Ärzten, Seelsorgern, Psychologen, Pflegepersonal und Vertretern von Selbsthilfegruppen zusammensetzt und das dem Arzt bei seiner Entscheidung über die weitere Behandlung wichtige Hilfestellungen geben könne.

Die im Rahmen der Sterbebegleitung auftretenden ethischen Fragestellungen betreffen überwiegend die individuelle Entscheidungsfindung im Klinikalltag. Daher können Entscheidungshilfen, die sich an einer mehr oder weniger abstrakten Kasuistik orientieren, die Qualität und Intensität einer auf den realen Einzelfall bezogenen Abwägung nicht ersetzen. Ein solcher Praxisbezug wäre hingegen durch die Errichtung von regionalen Ethik-Konsilen oder Ethik-Konferenzen vor Ort zu gewährleisten.

Bei der konkreten Ausgestaltung solcher Strukturen wäre zugleich zu bedenken, ob nicht durch die externe Vernetzung derartiger Ethik-Konsile und Ethik-Konferenzen sowie ihre Erweiterung durch externe Beteiligungsverfahren (regelmäßige Expertenanhörungen) eine bedarfsgerechte Unterstützung der Behandlungspraxis erreicht werden kann.

Hingegen wird die Notwendigkeit übergeordneter Vorgaben oder Empfehlungen zu den in der Sterbebegleitung bedeutsamen ethischen Abwägungen durchweg zurückhaltend beurteilt. Die Bundesärztekammer etwa geht in ihrer in Anhang 2 enthaltenen Stellungnahme davon aus, dass gesetzliche oder untergesetzliche Regelungen wenig dazu beitragen können, in ethischen Konfliktsituationen Gewissensentscheidungen zu erleichtern.

Auch in Österreich sind etwaige bundesweite Vorgaben und Strukturen zur Bewertung von ethischen Fragestellungen der Sterbebegleitung bislang nicht etabliert. So findet etwa die Forderung nach einer "ethischen Beurteilung" in der 1999 im Bundesgesetzblatt (BGBl 1999/ 195) veröffentlichten "Patientencharta" zwischen der Bundesregierung und dem Land Kärnten auch nicht für die Situation der Sterbebegleitung, sondern lediglich im Rahmen der Forschung, nämlich bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln, von Medizinprodukten sowie bei Anwendung neuer medizinischer Methoden ausdrücklich Erwähnung. In den Niederlanden sind hingegen eine Vielzahl auch für die Sterbebegleitung ethisch relevante Punkte in dem Erlass zur Änderung des Zivilgesetzbuches und anderer Gesetze zur Einführung von Bestimmungen über den medizinischen Behandlungsvertrag vom 17.11.1994 normiert. Dies gilt etwa für Einzelheiten der Patientenaufklärung (Artikel 448) ebenso wie für das Patientenrecht auf Nichtwissen (Artikel 449), so dass für die Behandlungspraxis eine allgemeine, übergeordnete Orientierung existiert.

D .5. Weiterentwicklung der schmerztherapeutischen Versorgung

Seit Jahren wird beklagt, dass in Deutschland die Verschreibung von Opioiden gegen chronische Schmerzen trotz steigender Tendenz auch heute noch hinter dem Standard zurückbleibt, der in europäischen Nachbarstaaten schon seit Jahren erreicht war.

Diese These wird durch vorliegende Statistiken über den Morphinverbrauch in verschiedenen Ländern erhärtet, da Morphinverbrauch pro Kopf weltweit als wichtiger Indikator für das Niveau der schmerztherapeutischen Versorgung angesehen wird.

Bereits im Jahr 1995 kam etwa Dänemark auf einen Verbrauch von 83 kg Morphin auf 1 Million Einwohner, während der Vergleichswert in Deutschland bis Ende der neunziger Jahre noch unter 20 kg lag. Die aktuelle Statistik des "International Narcotic Control Board" (INCB) bei der UN-Suchtstoffkontrollbehörde in Wien weist den aufgrund der Verbrauchswerte des Vorjahres von den nationalen Regierungen übermittelten Bedarfswert u.a. für Morphin im Jahr 2002 aus. Der dort (im Internet abrufbar unter: www.incb.org) ausgewiesene Wert von 1.800 kg Morphin für die Bundesrepublik Deutschland ist somit im Vorwege von der Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet worden und könnte daher als Indiz dafür gelten, dass es sich hierbei um den regierungsamtlich bestätigten Verbrauch in den Vorjahren handelt.

Eine Umrechnung der INCB-Angaben auf die Einwohnerstatistik der betreffenden Länder ergibt bei der nachfolgenden Länderauswahl folgende Werte:

Morphin-Bedarf für 2002
in kg pro 1 Million Einwohner

Brasilien

16,7

Israel

17,9

Deutschland

22,2

Luxemburg

26,0

Polen

31,6

Schweiz

42,4

Kanada

67,8

Italien

70,2

Australien

75,5

Frankreich

86,0

Schweden

90,9

Dänemark

92,3

Portugal

116,3

Japan

137,9

Österreich

152,5

Niederlande

158,0

Spanien

212,5

Südafrika

291,2

Belgien

315,0

Großbritannien

353,5

USA

411,2

Ungarn

577,0

Die Zahlen belegen das vergleichsweise niedrige Niveau des bisherigen Morphinverbrauchs in Deutschland. So erfolgt in Deutschland nur etwas mehr als die Hälfte der relativen Morphinverschreibung in der Schweiz, weniger als ein Drittel der Verschreibungsmenge in Italien, ein Viertel der verordneten Morphinmenge in Frankreich, ein Siebtel der österreichischen und niederländischen Pro-Kopf-Menge, etwa ein Zehntel des Morphinverbrauchs in Spanien und ein noch wesentlich geringerer Bruchteil der Verschreibungsmengen in Belgien, Großbritannien, den USA und Ungarn.

Inwieweit der vergleichsweise geringe schmerztherapeutische Ausbildungsstand mit einem Volumen von lediglich 40 Stunden Fortbildung in den Bereichen Schmerztherapie und Palliativmedizin oder aber die Regulierung durch die in Deutschland geltende Betäubungsmittelverschreibungsverordnung mit ihren Spezialvorschriften auch zur schmerztherapeutischen Versorgung hierzu beitragen, bedarf einer näheren Untersuchung, die empirisch erhobene Befunde mit einschließen muss.


E. Leistungsrechtliche Anforderungen bei ambulanter Sterbebegleitung und schmerztherapeutischer Versorgung

Hinsichtlich der jeweiligen Vergütungsstrukturen ist zwischen ärztlichen und pflegerischen Leistungen sowie der Gesamtkoordination ehrenamtlicher Arbeit zu unterscheiden.

E.1. ärztliche Vergütung

Die ambulante hausärztliche Behandlung Sterbender wird in Deutschland auf Grundlage des bundesweit geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) vergütet, der jedoch lediglich eine einzige Gebührenziffer vorsieht, die die Betreuung eines Sterbenden dezidiert aufgreift und die in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen für den Arzt abrechenbar macht (EBM Ziffer 20).

Für palliativmedizinische Leistungen im Einzelnen, die auch als solche beschrieben werden, gibt es hingegen keine Gebührenziffern. Stattdessen können mehrere Ziffern des Leistungskataloges auch in der Betreuung Sterbender abgerechnet werden, sofern die entsprechende Leistung erbracht wurde.

Im Rahmen von Sondervereinbarungen (vertragliche Zusatzregelungen) zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bzw. regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen wird in einigen KV-Bezirken die Honorierung von Leistungen im Zusammenhang mit der qualifizierten Betreuung Sterbender gesondert geregelt. Diese Sondervereinbarungen gelten jedoch immer nur befristet, meist nur für einen einzigen KV-Bezirk und in der Regel nur für Ärzte, die besonders qualifiziert sind. Die Geltung erstreckt sich jeweils nur für Patienten, die bei bestimmten Krankenkassen versichert sind und in der Regel auch nicht für alle Patientengruppen (meist nur Tumor-, AIDS- oder Schmerzpatienten).

Sondervereinbarungen zur ambulanten ärztlichen Betreuung Sterbender existieren gegenwärtig für Hausbesuche bei Tumor- und AIDS-Patienten (KV-Bezirk Brandenburg), für die Behandlung chronisch Schmerzkranker (KV-Bezirke Hamburg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Süd- Württemberg), für das Führen einer standardisierten Dokumentation in der onkologischen Nachsorge, onkologische Befunddokumentation und Tumor-Nachsorge-Dokumentation( KV-Bezirke Koblenz, Niedersachsen, Pfalz, Rheinhessen, Sachsen-Anhalt und Trier). In vielen KV-Bezirken wird für die Behandlung von AIDS-Patienten darüber hinaus ein Zuschlag gewährt.

In Berlin wurde zwischen 1999 und 2001 das Modell-Projekt Palliativmedizinischer Konsiliardienst (PKD) für Hausärzte etabliert, das nach Auslaufen der Förderung durch die Europäische Union eingestellt wurde. Zum ersten und bisher einzigen Mal in Deutschland wurden für dieses Projekt Gebührenziffern mit rein palliativmedizinischem Inhalt geschaffen.

Die in den genannten Regionen gültigen Sondervereinbarungen kommen nur einem vergleichsweise kleinen Teil der Schwerstkranken und Sterbenden zugute. Sie sind in der Regel auch nicht für die Betreuung dieses Patientenkreises geschaffen worden. Weder der chronisch Schmerzkranke noch der Patient im Rahmen einer Tumornachsorge weist die Probleme und Schwierigkeiten auf, die in der Betreuung Sterbender eine Rolle spielen (können). Allein bei den vertraglichen Zusatzregelungen im Bereich der KVen Berlin und Brandenburg (Home Care bzw. PKD) kann von einer Honorierung gesprochen werden, die gezielt auf die palliativmedizinische Betreuung von Sterbenskranken abzielt.

In der Ärztlichen Gebührenordnung für Privatversicherte (GOÄ) existiert keine Ziffer, über die eine Betreuung Sterbender gesondert abgerechnet werden könnte. Alle in der GOÄ gelisteten Leistungen können allerdings auch bei der ärztlichen Behandlung Sterbender abgerechnet werden.

In der Behandlungspraxis besteht über die unzureichende Finanzierung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit der zeitlich sehr aufwändigen Betreuung Schwerstkranker und Sterbender weitgehend Einvernehmen. Hierbei wird ärztlicherseits auch die im EBM enthaltene Praxisbudgetierung (je nach Fallzahl und Fachgruppe) insbesondere bei Betreuungs- und Beratungsleistungen (z.B. bei Hausbesuchen, EBM-Ziffer 25 f.) als besonders problematisch und hinderlich für eine gute Sterbebegleitung angesehen. Ähnliches dürfte – wohl auch nach Einführung des Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetzes aufgrund der in ihren konkreten Auswirkungen (z.B. Anerkennung von Praxisbesonderheiten) noch nicht absehbaren neuen Ziel- und Richtgrößenvereinbarungen – für den Bereich der verordneten Schmerzmittel gelten.

Die geschilderten Umstände führen häufig dazu, dass nicht wenige (Haus-)Ärzte dazu neigen, Sterbende als sehr zeitintensive Patienten eher in eine stationäre Einrichtung einzuweisen als sich der Aufgabe einer Sterbebegleitung im ambulanten häuslichen Bereich zu stellen.

In Österreich kann die palliativ-medizinische Versorgung gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden, sofern die landesweit festgesetzten Strukturqualitätskriterien und die Planvorgaben (ÖKAP-Konformität) gewahrt sind sowie die jeweilige Landeskommission die von der Einrichtung erbrachten Leistungen grundsätzlich bewilligt.

Die Abrechnung erfolgt zunächst für die Dauer von 12 Tagen mit einem Pauschal-Tagessatz analog zur Akut-Nachbehandlung von neurologischen Patienten. Danach werden degressive Tagessätze mit einem garantierten Punkte-Mindestvolumen zur Abrechnung gebracht.

E.2. pflegerische Vergütung

Die Finanzierung ambulanter pflegerischer Leistungen wirft immer dort wirtschaftliche Probleme für die Leistungsanbieter auf, wo sich ambulante Dienste auf die Betreuung Sterbender derart spezialisiert haben, dass nicht durch anderweitige Einkünfte eine Kompensation von Mindereinnahmen erreicht werden kann.

In Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der häuslichen Krankenpflege in § 37 SGB V ist je nach Fallkonstellation strittig, ob es sich im betreffenden Einzelfall überhaupt um Krankenhausersatzpflege (häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Absatz 1 Satz 1 SGB V) oder um die sogenannte Sicherungspflege (§ 37 Absatz 2 SGB V) handelt. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass die Betreuung des Sterbenden ja gerade deshalb ambulant erfolgt, weil eine Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen nicht (mehr) geboten ist und vom Wortlaut der Norm her somit der Anspruchsgrundlage nach § 37 SGB V der Boden entzogen ist.

Da bei ambulanten Hospizdiensten bisher keine Zuschüsse der Krankenkassen erfolgten, wurden diese Leistungen in der Praxis weitgehend über Spenden und Eigenleistungen erbracht. Diese Finanzierungslücke wird auch von der Bundesregierung, etwa in der vom Robert-Koch-Institut publizierten Gesundheitsberichterstattung des Bundes, ausdrücklich eingeräumt.

Andererseits hat der Bundesgesetzgeber in Artikel 1 des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes vom 14.12.2001 gerade erst seine Bereitschaft dokumentiert, erkanntermaßen zusätzliche Pflegebedarfe, hier konkret im Bereich der Demenz und der psychischen Erkrankungen, durch kompensatorische zusätzliche Bestimmungen adäquat vergüten zu lassen.

E.3. finanzielle Förderung des ehrenamtlichen Engagements und der Angehörigenarbeit

Die Einbeziehung von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern gilt als unverzichtbarer, gleichrangiger Bestandteil der Hospizarbeit, um Beistand und Unterstützung für Angehörige und nahestehende Personen sowohl während der Sterbephase als auch in der Trauerphase anzubieten. Nach Angaben der Bundesregierung (Robert-Koch-Institut, Gesundheitsberichterstattung 01/01) sind im Jahr 2000 rund 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ambulanten Diensten ehrenamtlich tätig gewesen.

Ambulante ehrenamtliche Hospizdienste wurden in der Vergangenheit von karitativen, kirchlichen und freien Trägern im Rahmen der Hospizbewegung hauptsächlich in Form von ehrenamtlichen Besuchsdiensten gegründet. Sie sorgen durch engagierte Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit für die Verbreitung der Hospizidee, unterstützen in Form der Besuchsdienste die Profisysteme und stehen unkonventionell den Betroffenen zur Verfügung. Vorrangiges Ziel ist es, die Familien und die vorhandenen professionellen Strukturen (ambulante Pflegedienste, häusliche Betreuung, Krankenhäuser und vollstationäre Pflegeeinrichtungen) zu unterstützen, sie ersetzen jedoch nicht die professionelle Arbeit von Pflegediensten und speziellen Hospizpflegeteams.

Mit Artikel 2 des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes (PflEG) vom 14.12.2001 ist erstmals eine verbindliche, an das Vorliegen bestimmter Qualitätsanforderungen geknüpfte Krankenkassenfinanzierung für spezialisierte ambulante Hospizdienste gesetzlich normiert worden. Gefördert werden in einem neuen § 39 Absatz 2 SGB V ausschließlich solche Leistungen, die von entsprechend ausgebildeten Fachkräften erbracht werden zur Gewinnung, Schulung, Koordination oder Unterstützung ehrenamtlicher Betreuung von Personen, die keiner Krankenhausbehandlung und keiner stationären oder teilstationären Versorgung in einem Hospiz bedürfen. Der Hospizdienst, der nach dieser Vorschrift eine Bezuschussung beansprucht, muss unter fachlich qualifizierter Verantwortung stehen. Einzelheiten hierzu werden auf Bundesebene von den Spitzenverbänden der Krankenkassen mit den für die ambulanten Hospizdienste maßgeblichen Spitzenorganisationen vereinbart.

Eine darüber hinausgehende Option beinhaltete insoweit der Gesetzentwurf des Bundesrates (Bundestags-Drucksache 14/6754), der auf das Erfordernis einer qualifizierten fachlichen Anleitung verzichtete und lediglich eine Rahmenempfehlung auf Bundesebene, die sodann auf Länderebene konkretisiert würde, vorsah.

Dieser Gesetzentwurf ist im Deutschen Bundestag am 19.10.2001 in erster Lesung beraten und sodann in den Fachausschüssen weiter behandelt worden. Am 14.11.2001 hat der federführende Ausschuss für Gesundheit eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen durchgeführt und seine Beratungen am 20.02.2002 abgeschlossen. Der Deutsche Bundestag hat schließlich in zweiter Lesung am 18.04.2002 den Gesetzentwurf des Bundesrates abgelehnt, so dass bezüglich der Förderung ambulanter Hospizdienste auch weiterhin vom Regelungsumfang des PflEG auszugehen ist.

Demgegenüber ist die aktive und zielgerichtete Berücksichtigung der Situation von Angehörigen sterbender Menschen bislang in Deutschland weder in Hinblick auf das Erfordernis einer strukturierten Qualitätssicherung noch unter leistungsrechtlichen Gesichtspunkten vorangebracht worden. Die durchweg zeitaufwändige Betreuung der Angehörigen kann gegenwärtig ärztlich nicht abgerechnet werden. Auch die Angehörigen selbst erhalten hierzulande keinerlei sozialrechtliche Kompensation für ihre aus der Sterbebegleitung und Angehörigenpflege resultierenden situativen Beeinträchtigungen. Beispielhaft für den bestehenden Regelungsbedarf ist das in Frankreich seit 1999 gesetzlich verbriefte Anrecht eines Angehörigen, im Falle der Pflege und Begleitung eines Sterbenden einen dreimonatigen unbezahlten Urlaub zur Wahrnehmung dieser Aufgabe zu nehmen.

Auch die Berücksichtigung der Interessen Angehöriger zeigt im internationalen Vergleich somit einen deutlichen Opitimierungsbedarf bei den bundesdeutschen Verhältnissen in der Sterbebegleitung.

Schlussbemerkung:

Neben dem in eigener Verantwortung wahrzunehmenden Untersuchungsauftrag oblag es der Arbeitsgruppe auch, die Auffassungen der "wesentlich Beteiligten im Gesundheitswesen" in die Betrachtung einzubeziehen.

Hierzu wurden die aus der in Anhang 2 vorangestellten Übersicht ersichtlichen Institutionen angeschrieben und um Stellungnahme zu vorformulierten Fragenkomplexen gebeten. Die in Anhang 2 beigefügten Stellungnahmen sind somit Gegenstand des Arbeitsgruppenberichts.

 

 

 

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Oktober 2003 - http://sterberecht.homepage.t-online.de - Letzte Aktualisierung: 01.03.08